Donnerstag, 19. Mai 2016

Was uns die Levermann-Strategie über die Verfassung des DAX sagen kann

Quo vadis, DAX? Seit dem All-Time-High von 12.374,73 (auf Schlusskursbasis) am 10. April 2015 scheint die grobe Stoßrichtung des deutschen Leitindex nach unten zu zeigen. Gegenwärtig hat der DAX die 9.800-Kursmarke wieder nach unten durchbrochen und liegt damit momentan über 20% unter dem zuvor erwähnten Höchstwert. Ist dies der richtige Zeitpunkt, um zu günstigen Preisen Positionen aufzubauen oder zeigt uns der starke Kursrückgang in den letzten 13 Monaten, dass die besten Zeiten des aktuellen Bullenmarktes bereits deutlich hinter uns liegen?

Die Levermann-Strategie als Werkzeug zur Marktbeurteilung

Nun, ich maße mir nicht an, diese Frage erschöpfend beantworten zu können, wenngleich mein Bauchgefühl zur zweiteren Variante tendiert. Aber eben weil ich das Bauchgefühl aus meiner Veranlagungsstrategie möglichst konsequent verbannen wollte, habe ich mich ursprünglich für die Levermann-Strategie entschlossen. Und genau diese möchte ich nun heranziehen, um einen Befund über den aktuellen Gesundheitszustandes des DAX zu wagen. Eines meiner beiden wikifolios, die DAX-Werte Finest Selection, bietet hierfür die ideale Datengrundlage. Anhand der Levermann-Analysen, die ich für den Betrieb dieses wikifolios erstelle, versuche ich nun ein grobes Bild zu skizzieren, wie die aktuelle Kurslage des DAX eingestuft werden könnte.

Bereits seit geraumer Zeit fällt mir die Auswahl für kaufwürdige Aktien aus dem DAX zur Aufnahme in die DAX-Werte Finest Selection schwer. Die hierzu erforderlichen vier Punkte in der Levermann-Analyse erreichen in den vergangenen Monaten nur wenige Titel. So kommt es dann auch, dass dieses wikifolio mit hoher Cash-Quote und dementsprechend mit niedriger Kursdynamik dahinschippert.

Die Levermann-Analyse vom 19.05.2016

Doch kommen wir nun zu konkreten Zahlen. Die heute durchgeführte Levermann-Analyse lieferte mir für die 30 Aktien des deutschen Leitindex DAX folgendes Resultat:
  • BUY: Volkswagen VZ, Siemens
  • HOLD: Adidas
  • SELL: Der ganze Rest, also 27 Werte
Von insgesamt 30 Aktien sind nach meinen Levermann’schen Analysen also 27 (das sind 90%!) als Verkauf einzustufen, ein Titel erlangt zumindest das Prädikat haltenswert, während die verbleibenden zwei Aktien, VW und Siemens, als Kauf durchgehen. Das scheint kein besonders rosiges Attest zu sein. Der durchschnittliche Levermann-Score für die DAX-Werte lag dabei heute bei -0,93. Zur Erinnerung: ab vier (von maximal zwölf erreichbaren) Punkten gilt ein Large-Cap-Titel als Kauf, ab zwei Punkten als zumindest haltenswert. Damit wäre dem DAX insgesamt im Sinne Levermanns – etwas verkürzt und naiv gesprochen – ein SELL-Rating auszustellen.

Die Levermann-Analyse vom 19.05.2015 …

Genau ein Jahr zuvor hat das Gesamtbild noch ein wenig sonniger ausgesehen, obwohl – wie wir nun rückblickend betrachtet wissen – der Höhepunkt bereits überwunden wurde. Die Analyse vom 19. Mai 2015 ergab (unter damals noch leicht anderer Zusammensetzung mit Lanxess und K+S anstelle von Vonovia und Prosiebensat.1) folgendes Bild:
  • BUY: Continental, Munich Re, Volkswagen VZ, Henkel VZ, Allianz, Beiersdorf
  • HOLD: Deutsche Post, Daimler, BASF, BMW St., Siemens, SAP, Infineon, Heidelbergcement, Deutsche Börse, Merck, Bayer, Commerzbank, Deutsche Bank
  • SELL: Linde, Fresenius Medical Care, K+S, Lanxess, Fresenius, Deutsche Lufthansa, Deutsche Telekom, Adidas, Thyssenkrupp, E.ON, RWE
Damit kommen wir auf eine Zusammensetzung von sechs BUYs, 13 HOLDs und 11 SELLs bei einem durchschnittlichen Levermann-Score von 1,93 Punkten. Hiermit schrammte der DAX in der Gesamtbetrachtung nur knapp an den erforderlichen zwei Punkten für das Prädikat haltenswert vorbei und wurde im Aggregat um durchschnittlich etwa 2,9 Punkte besser eingestuft als am heutigen Tag.

… oder was vor einem Jahr noch anders war

 Wie lässt sich der Rückgang um beinahe drei Punkte (in der Welt der Levermann-Analysen ein gewaltiger Rückschritt) erklären? Hierzu sehen wir uns eine etwas feinere Aufgliederung des Levermann-Scores heute und vor einem Jahr an. Die insgesamt 13 Indikatoren, die bei der Levermann-Strategie zur Anwendung gelangen, lassen sich thematisch grob sechs Themen zuordnen (in Klammern gebe ich die maximal erreichbare Punktezahl pro Thema an):
  • Qualität (3): Eigenkapitalrendite, EBIT-Marge, Eigenkapitalquote
  • Bewertung (2): KGV durchschnittlich, KGV aktuell
  • Stimmung (2): Analystenmeinung, Reaktion auf Geschäftszahlen
  • Momentum (3): Gewinnrevision, Kurs aktuell im Vergleich zum Kurs vor sechs Monaten, Kurs aktuell im Vergleich zum Kurs vor zwölf Monaten, Kursmomentum
  • Technik (1): Dreimonatsregel
  • Wachstum (1): Gewinnwachstum
In der untenstehenden Tabelle gliedere ich die Resultate der beiden Analysen von heute und von vor einem Jahr nach diesen Themen auf.



Was lässt sich daraus ableiten? Wie gleich ins Auge sticht, erklärt sich der überwiegende Großteil des Punkterückgangs aus starken Verlusten im Momentum und zu kleinen Teilen bei Rückgängen in den Indikatoren der Kategorie Stimmung. In Sachen Qualität und Bewertung sind sogar (winzige) Fortschritte im Vergleich zum vergangenen Jahr auszumachen.

Und was lernen wir daraus? Ich werde mich davor hüten, aufgrund dieser oberflächlichen Betrachtung große Schlüsse, geschweige denn Empfehlungen, abzugeben. Was sich dennoch aus dieser Fingerübung ablesen lässt, ist die prinzipiell unveränderte (oder gar leicht verbesserte) fundamentale Qualität und Bewertung der DAX-Titel. Das negative Zeugnis der Levermann-Analysen beruht aktuell großteils am wenig vorteilhaften Chartbild der DAX-Werte und einem allgemeinen Rückgang der Marktstimmung. So gesehen haben wir hier also eher eine technische und emotionale Eintrübung als eine fundamentale Krise. Aber mit diesem Urteil überstrapazieren wir hier vermutlich schon das vorhandene Datenmaterial und mein milchmädchenhaftes Analysevorgehen. Ich überlasse es der Leserschaft, aus dieser Übung Schlüsse weitere Schlüsse zu ziehen. 

Welche Folgerungen leitet Ihr aus der hier vorlegenden Darstellung ab? Sind hier vielleicht noch andere Betrachtungsweisen im Zusammenhang mit der Levermann-Strategie erhellend? Ich freue mich auf euer Feedback.

Disclaimer: Dieser Artikel dient nur zur Information. Ich bin kein geschulter Finanzberater und spreche für die erwähnten Wertpapiere keinerlei Kauf- oder Verkaufsempfehlungen aus. Hinsichtlich der erwähnten wikifolio-Zertifikate weise ich ausdrücklich auf das den wikifolios immanente Emittentenrisiko hin. Auf den verlinkten Seiten bei wikifolio finden sich zudem der Basisprospekt und die endgültigen Bedingungen zu den Endloszertifikaten. Eine Lektüre ist interessierten Anleger dringend anzuraten.

2 Kommentare:

  1. Laut https://aktien.guide sieht der DAX momentan ziemlich gut aus:
    8 Kaufempfehlungen
    11 Halteempfehlungen und
    11 Verkaufsempfehlungen

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    1. Stimmt, im Vergleich zur letzten Betrachtung sieht die Einschätzung unter Levermann'schen Gesichtspunkten deutlich freundlicher aus. Ich komme aktuell ganz ähnlich auf

      8 Kaufeinstufungen (Lufthansa, BMW, Munich Re, Conti, Allianz, Infineon, Siemens, Adidas),
      12 Halteeinstufungen und
      10 Verkaufseinstufungen.

      Eventuell sollte ich im Mai einen Folge-Post verfassen, der einen aktuellen Vergleich bietet.

      Danke für deinen Kommentar!

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